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Ausblick auf das Gartendenkmal Alter Botanischer Garten und den sog. Schäferbau

Auf dem ersten Obergeschoss der Universitätsbibliothek beim großen Lounge-Bereich geht der Blick hinaus auf den Alten Botanischen Garten und den sog. Schäferbau.

Der Botanische Garten schaut auf eine lange Geschichte zurück:

  • Der erste seiner Art in Marburg ist vermutlich so alt wie die Universität (1527), war im Privatbesitz des Mediziners und Naturwissenschaftlers Euricius Cordus und befand sich am Glaskopf (Schloss).
  • 1786 baut Professor Conrad Mönch am Weinberg bei der Elisabethkirche und beim Ketzerbach einen Botanischen Garten auf. Aus Kassel bringt er Bepflanzungen und Gewächshäuser mit.
  • 1809 erhält die Philipps-Universität im Tausch zu diesem Gelände den ehemaligen Lustgarten des Deutschen Ordens südlich der Elisabethkirche. An dieser Stelle entwickelt nun der Marburger Botanik-Professor Georg W. F. Wenderoth (1774-1861) eine Verbindung von englischem Landschaftsgarten und Wissenschaftsgarten. Er verfasst einen Führer durch den Marburger Garten für Pflanzenfreunde und erforscht die Flora Hessens.
  • Sein Nachfolger Professor Albert Wigand (1821-1886) führt zwischen 1862 und 1865 eine Neugestaltung als „Lehrgarten“ durch, bei der insbesondere die Bäume nach geographischen Regionen geordnet werden.

Der (Alte) Botanische Garten gehört schon früh zu den Sehenswürdigkeiten, die in den Marburg-Führern des 19. Jahrhundert aufgeführt werden (s. Station 4). Seine Mischung aus wissenschaftlichem Lehrgarten und Landschaftsgarten macht ihn für ein breites Publikum zu einem Ausflugsziel. In den Beschreibungen werden seine exotischen Bäume und Sträucher sowie die Gewächshauspflanzen und die Heilkräuter erwähnt. Alle Pflanzenspezies zusammen zählen in der Mitte des 19. Jahrhundert ca. 7.000 - 8.000 Stück.

Immer wieder erfolgen Veränderungen am Garten und seinen Gebäuden. Mit Entstehung des Neuen Botanischen Gartens auf den Lahnbergen wandelt er sich zu einem „Erholungsgarten“, der – seit 2018 in direkter Nachbarschaft zur Universitätsbibliothek – ein beliebter Treffpunkt auf dem innerstädtischen Campus ist.

Durch den sog. Schäferbau, der an seinem Eingang steht, ist der Alte Botanische Garten als Kulturdenkmal eingestuft.

Der Schäferbau, benannt nach dem hessischen Architekten Carl Wilhelm Ernst Schäfer (1844-1908), steht heute am Übergang zwischen Altem Botanischen Garten und Universitätsbibliothek. Carl Wilhelm Schäfer, einer der bedeutendsten deutschen Architekten des Späthistorismus, war seit 1871 als Universitätsbaumeister in Marburg. Er baut die „Alte Universität“ und weitere Gebäude in Marburg, u. a. auch das Botanisch-Pharmakognostische Institut. Im Stil der Neogotik des ausgehenden 19. Jahrhunderts entsteht 1873-1877 der Außenbau, 1881 erfolgt der Innenausbau des Gebäudes. In Nachbarschaft zur Elisabethkirche und anderen historischen Gebäuden der Stadt sollte sich der Neubau diesem Stil anpassen.

Im Gebäude werden ein Hörsaal, die Dienstwohnung des Professors sowie die umfangreiche botanische Sammlung der Universität untergebracht. Noch vor einigen Jahren wurde das Gebäude vom Institut für Pharmazeutische Biologie genutzt.

Exponate

Großer Kubus

Foto: Heike Heuser
Der Fischreiher

Beschreibung: „Unser gemeiner Reiher, gewöhnlich „Fischreiher“ genannt, ist ein so allbekannter Vogel und dabei so eigenthümlich gestaltet und gezeichnet, daß er wol schwerlich mit andern verwechselt werden kann…“

Den Fisch- oder Graureiher (Ardea cinerea) kann man am Teich des Botanischen Gartens gelegentlich antreffen, wo er kleinere Fische, Frösche oder Wasserinsekten sucht.

Johann Andreas Naumann's Naturgeschichte der Vögel Deutschlands / Naumann, Johann Andreas. Bd. 9. Leipzig : Fleischer, 1838, S. 23: Der Fischreiher.
UB Marburg: 095 IX C 1674 h, 9

Johann Andreas Naumann hält seine Beobachtungen der Vögel in der zunächst vierbändigen Naturgeschichte der Land- und Wasservögel fest. Sein Sohn Johann Friedrich, ebenfalls begeisterter Vogelkundler, führt das Werk seines Vaters fort. Zwischen 1822 – 1844 erscheinen insgesamt 13 Bände der „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“, in der er die Texte und Tafeln seines Vaters überarbeitet und ergänzt. Beide legen mit ihren Beobachtungen die Grundlage für die deutsche Ornithologie im 19. Jahrhundert.

Digitalisat Göttingen: Tafel 220 - Fischreiher:
https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN629715114?tify={%22pages%22:[5],%22view%22:%22thumbnails%22}

Kleiner Kubus 1

Werke von G.W.F. Wenderoth: Beschreibung des Botanischen Gartens und seiner Pflanzen

Wenderoth, Georg Wilhelm Franz: Beiträge zu der Flora von Hessen. In: Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der Gesamten Naturwissenschaften zu Marburg; 1 1823 S. 118 - 152. Darin „Flora Marburgensis“
UB Marburg: IX C 87, 1/2

Digitalisat:
https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=mdp.39015077852898&view=1up&seq=7&skin=2021

Wenderoth, Georg Wilhelm Franz: Die Pflanzen botanischer Gärten, zunächst die des Pflanzengartens der Universität Marburg: unter ihren Catalognummern systematisch aufgeführt und synoptisch beschrieben, zum Gebrauche bei dem Besuche solcher Gärten für Studirende und Freunde der Pflanzenwelt. Cassel: Hotop, 1851. 63 S.
UB Marburg: VIII C 1096 e

Digitalisat:
https://hdl.handle.net/2027/hvd.32044106363096?urlappend=%3Bseq=7%3Bownerid=27021597765913167-11

Kleiner Kubus 2

Foto: Heike Heuser
Heilpflanzen

Im Alten Botanischen Garten ist direkt vor dem Gebäude des ehemaligen Botanisch-Pharmakognostischen Instituts ein Garten angelegt mit zahlreichen Heilpflanzen, worunter auch der Salbei zu finden ist.

Leonharti Fuchsii MEDICI, PRIMI DE STIRPIVM historia co[m]mentariorum tomi viuæ imagines, in exiguam angustioremq[ue] formam contractæ, ac quam fieri potest artificiosißime expressæ, ut quicunque rei herbariæ radicitus cognoscendæ desiderio tenentur, eas uel deambulantes uel peregrinantes in sinu co[m]modius gestare, adq[ue] natiuas herbas conferre queant. Basileae : Isengrin, 1549.
UB Marburg: 095 IX C 729 d #
Bsp. Salbei, S. 138

Der in der Marburger UB bewahrte sog. „Kleine Fuchs“ fällt durch die feinen und hochwertigen Pflanzenholzschnitte auf, die die Pflanzen in der Gänze ihrer Entstehung von der Blüte bis zur Frucht abbilden. Zahlreiche Annotationen seines Vorbesitzers weisen auf die Nutzung dieses Kräuterbuchs als „Nachschlagewerk“ hin. Leonhart Fuchs (1501 -1566) hatte dieses Kräuterbuch als reduzierte Ausgabe seines ersten umfangreichen botanischen Werks „De historia stirpium commentarii insignes“ (1542) 1545 herausgegeben, das im kleineren Format und ohne Beschreibungen der Pflanzen eine erschwinglichere Variante war.

Kleiner Kubus 3

Foto: Heike Heuser
Der Schäferbau

Der sog. Schäferbau, eigentlich das Botanisch-Pharmakognostische Institut, Ende des ausgehenden19. Jahrhunderts im Stil der Neogotik vom Universitätsbaumeister Carl Wilhelm Ernst Schäfer (1844-1908) errichtet.

Koch, A. (Hrsg.): Marburg und seine Hauptgebäude, Institute und Sehenswürdigkeiten nebst einem Führer in Marburg’s Umgebung. Marburg 1895.
UB Marburg: VIII C 129 hb

Digitalisat:
https://doi.org/10.17192/eb2019.0055