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Struktur des Projektes

Das Projekt betrachtet nicht die gesamte Geschichte der Geisteswissenschaft und des Konzepts der Artes liberales, aus denen das moderne Konzept der Geisteswissenschaften hervorgegangen ist, will also keine Bildungsgeschichte Europas schreiben. Das Thema sind vielmehr die spezische, direkt aus der Erkenntnistheorie abgeleitete Konzeption, die Phasen ihrer Verwirklichung und ihrer konzeptionellen Umdeutung, die das platonische Bildungskonzept der Artes liberales im Hellenismus und an bestimmten Stationen der neuzeitlichen Geschichte erfahren hat. Damit treten zwei Gesichtspunkte in den Blick:

  • der Zusammenhang zwischen dem platonischen und aristotelischen Vernunftbegriff und dem Bildungskonzept der Artes liberales sowie der Zusammenhangzwischen der hellenistischen und frühneuzeitlichen Bewegung, die den platonischen bzw. scholastisch-aristotelischen Vernunftbegriff überwinden möchte, und daraus ein diametral entgegengesetztes Bildungskonzept entwirft
  • Stationen in der europäischen Geistesgeschichte, in denen ein Umbruch der Konzeption stattfindet.

Die Forschung hat zu diesen Themenkomplexen bisher keine systematischen Studien in Angriff genommen. Die vorliegenden Studien zu den Artes liberales konzentrieren sich zumeist auf die institutionelle Umsetzung und historische und gesellschaftliche Verortung des Konzeptes und seine lebenswirklichen Konsequenzen. Eine genuin philosophische und ideengeschichtliche Analyse der Implikationen der verschiedenen Umbruchsphasen, die systematische Konsequenzen aus der zentralen Rolle des Vernunftbegriffs für die Entwicklung und erfolgreiche Umsetzung zieht, liegt bislang nicht vor.

Die Besonderheit des Klassischen Artes-Konzepts ist, dass es aus einer Reflexion auf die Grundakte des Denkens abgleitet ist. Die Herleitung dieser Unterscheidungskriterien, mit denen das Denken seine Inhalte konstituiert, ist Gegenstand eines langjährigen Forschungsprojekts, das von Arbogast Schmitt begründet worden ist und seit  dem Jahr 2000 zusammen mit Gyburg Radke-Uhlmann betrieben wird. Im Rahmen dieses Projekts ist eine große Zahl von Monographien und Aufsätzen erschienen. Eine zusammenfassende Darstellung dieser Forschungen geben:

  • Arbogast Schmitt, Die Moderne und Platon Zwei Grundformen europäischer Rationalität, 2., überarbeitete Auflage Stuttgart/Weimar 2008,
  • Gyburg Radke, Die Theorie der Zahl im Platonismus. Ein systematisches Lehrbuch,Tübingen/Basel 2003.