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Regine Schallert

Fotografien zum Kunstschutz in Italien während des zweiten Weltkriegs: zwei Fotobestände der Bibliotheca Hertziana/MPI für Kunstgeschichte

Der Beitrag stellt zwei Bestände der Fotothek der Bibliotheca Hertziana vor, die im Auftrag der deutschen, italienischen sowie der alliierten Kunstschutzbehörden entstanden sind.

Der größere Fundus besteht aus ca. 900 s/w Negativen, die als Teil des fotografischen Nachlasses von Hans Werner Schmidt (1904-1991) kurz nach dessen Tod in die Fotothek gelangt sind. Der Kunsthistoriker war zwischen April 1944 und März 1945 hauptverantwortlicher Fotograf der Abteilung "Deutscher militärischer Kunstschutz in Italien". Im Frühsommer 1944 hatte er den Auftrag erhalten, in Oberitalien (Genua, Mailand, Padua, Vicenza etc.) Aufnahmen noch unversehrter oder schon zerstörter Bau- und Kunstwerke für das von Ludwig Heydenreich geleitete Fotoarchiv der Abteilung Kunstschutz anzufertigen. Die Auswahl der Bau- und Kunstwerke wurde ihm nur selten vorgeschrieben, sie oblag vielmehr seinen kunsthistorischen Kenntnissen und seinem Urteilsvermögen. Er führte die Aufträge selbst mit seiner Kamera aus oder organisierte Kampagnen, beispielsweise mit den Fotografen der italienischen Denkmalämter.

Die Negative und Abzüge aus dieser Tätigkeit Schmidts befinden sich heute verteilt in verschiedenen Fototheken, wie dem Kunsthistorischen Institut in Florenz, dem Zentralinstitut in München und der Bibliotheca Hertziana. Insgesamt befinden sich in der Bibliotheca Hertziana gut 1300 Negative von Schmidt. Sie dokumentieren vorrangig stuckierte Gewölbedekorationen oberitalienischer Kirchen und Paläste des 16. Jahrhunderts. Schon in den dreißiger Jahren war dies das bevorzugte Forschungsfeld des Kunsthistorikers gewesen, das ihn Zeit seines Lebens beschäftigen sollte. Die damit verbundene breite Kenntnis der einschlägigen Bau- und Kunstwerke dürfte neben der Vertrautheit mit der italienischen Sprache und Kultur ausschlaggebend für Schmidts Wahl auf den Posten beim Kunstschutz gewesen sein.

Die Aufnahmen für den Kunstschutz (etwa 900) sind denjenigen aus den dreißiger Jahren (ca. 400) formal und inhaltlich sehr ähnlich. Sie sind wie diese als reine kunsthistorische Dokumentation zu charakterisieren, in denen propagandistische Tendenzen nicht erkennbar werden.

Der bislang als Kunstschutzaufnahmen identifizierte Bestand ist im Online-Katalog der Fotothek der Bibliotheca Hertziana über den Suchbegriff „Kunstschutz“ abrufbar.

Das zweite, wesentlich kleinere und uneinheitlichere Konvolut zum italienischen und alliierten Kunstschutz umfasst ca. 160 s/w Fotografien von zerstörten italienischen Bauwerken. Es gelangte in den siebziger Jahren in die Fotothek der Bibliotheca Hertziana, seine Herkunft ist unbekannt. Die Bearbeitung des Konvoluts befindet sich gegenwärtig im Stadium der Bestandsaufnahme.

Es lassen sich darin Aufnahmen von sechs italienischen Fotografen bzw. Archiven nachweisen, von denen einige auch im Auftrag des deutschen Kunstschutzes gearbeitet haben, wie etwa der Mailänder Fotograf Claudio Emmer. Des Weiteren gehören dazu Aufnahmen des amerikanischen Captains Pennoyer, der für die amerikanische Kunstschutzbehörde MFA&A tätig war, von John B. Ward-Perkins, dem Leiter der britischen Kunstschutzbehörde in Rom sowie von Leutnant Ostrowski des polnischen Fotodienstes dazu. Der größere Teil der Fotografien besteht nicht aus Originalaufnahmen, sondern aus Reproduktionen nach Fotografien, denen nachträglich in der oberen rechten Ecke eine maschinengetippte Nummer hinzugefügt worden ist. Es dürfte sich dabei um die „Inventarnummer“ eines aus Fotografien verschiedener Herkunft erstellten Archivs handeln, möglicherweise der amerikanischen Kunstschutzbehörde (MFA&A), die eine solche Dokumentation nach dem Ende des Kriegs zur Beurteilung von Schadens- und Restitutionsansprüchen erstellt hat.